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Branchenreport  - Elektrohandwerk

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„Wir haben die Technologien, die jeden begeistern“

Lothar Neuhalfen ist ein optimistischer Mensch. Die Zukunft seiner Branche sieht der Obermeister der Elektro-Innung Bergisches Land denn auch positiv – und hat dafür handfeste Gründe. „Wir sind ein Gefahrenhandwerk, da darf auch in Krisenzeiten als Letztes gespart werden“, sagt Neuhalfen, wobei er das Wort „darf“ noch einmal nachdrücklich betont. Zudem sei Elektro ein sehr innovatives Handwerk. Neuhalfen: „Wir können Technologien an die Frau und den Mann bringen, die jeden begeistern.“

Mit den technischen Verbesserungen stieg auch zumindest im gewerblichen Bereich das Volumen der einzelnen Aufträge. Vor 20 Jahren legte der Elektroinstallateur in einem Bürogebäude die Steckdosen sowie die Kabel und Anschlüsse für Telefon und Licht. Damit war sein Job im Wesentlichen erledigt. Heute hingegen steht in jedem Büro ein großer Schrank, der die Infrastruktur für das Computer-Netzwerk und die komplette Telekommunikation enthält. Für die Elektrofachbetriebe bedeutet diese Entwicklung zusätzliche Arbeit und damit mehr Umsatz pro Auftrag.

Auch die Ansprüche der Kunden an den Komfort sind gestiegen, egal ob im privaten oder gewerblichen Bereich. Ob es die dimmbare Beleuchtung oder die elektrische Steuerung von Rolläden oder Lamellen ist – die Kunden wollen die Innovationen der letzten Jahre nutzen. Die Entwicklung ist ähnlich wie beim Auto: Während vor 20 Jahren allenfalls Luxuskarossen eine Klimaanlage hatten, verfügt heute nahezu jeder Kleinwagen darüber. Dabei sei in seinem Handwerk die Grundinstallation, sozusagen die Basis-Verkabelung eines Gebäudes, nahezu gleich geblieben, erklärt Neuhalfen: „Strom ist Strom, Ampere ist Ampere und Volt ist Volt – da wird man das Rad kaum neu erfinden müssen.“

Sehr viel mehr wird heutzutage allerdings auf die Sicherheit geachtet. Seit Mitte 2007 etwa müssen laut VDE-Norm nahezu alle Steckdosenkreise im Haushalt mit einem besonderen „FI-Schutzschalter“ versehen sein. Diese einfache Maßnahme kann Leben retten. Das Problem ist ja, vereinfacht ausgedrückt, dass man nicht mehr loslassen kann, wenn man ein metallenes Teil umfasst hat, das unter Spannung steht. So kann der Strom durch den Körper fließen – oft mit tödlichen Folgen. Der Fehlerstromschutzschalter hingegen schaltet eine Durchströmung so schnell ab, dass die Elektrizität noch keinen bleibenden Gesundheitsschaden anrichten kann. Der Betroffene erhält zwar einen elektrischen Schlag, kommt aber normalerweise mit dem Schrecken davon. So hat der bereits Anfang der 1950er Jahre auf den Markt gebrachte Schutzschalter erheblich dazu beigetragen, dass die Zahl der Elektrounfälle mit Todesfolge in Deutschland in den letzten Jahrzehnten um weit mehr als die Hälfte zurückgegangen ist.

Zweifellos eine positive Entwicklung, aber es kommt immer noch zu tragischen Unglücken. Erst im März dieses Jahres starben zwei vier und sechs alte Schwestern aus Rheinland-Pfalz, als sie beim Baden mit einem Fön spielten, der ins Wasser fiel. Sie könnten noch leben, wenn ein FI-Schutzschalter installiert gewesen wäre. „Dieses traurige Beispiel zeigt, wie wichtig das Sicherheitsdenken in unserem Fach ist, und das hat sich gerade auch durch unser Vorschriftenwerk erheblich geändert. Es muss das höchste und wichtigste Gebot sein, die vom Strom ausgehende Gefahr auf ein Minimum zu reduzieren“, stellt Neuhalfen klar.

Das moderne Elektrohandwerk hat ein Zeichen: Es ist die im letzten Jahr eingeführte e-Marke, die den e-Blitz, das frühere Logo der Branche, nach 35 Jahren ersetzt hat. Das neue Signet zeigt zwei rote Streifen, die sich auf gelbem Hintergrund zu umkreisen scheinen. Auf den ersten Blick wird deutlich: Das Elektrohandwerk ist buchstäblich spannend.

Der alte e-Blitz repräsentierte das Berufsbild des Elektrohandwerks, wie es zur Zeit seiner Einführung Anfang der 70er Jahre bestand – kein Vergleich mit der Elektrotechnik von heute. Während der e-Blitz eine Kollektivmarke der Branche war, darf nicht jeder Innungsbetrieb automatisch die neue Marke nutzen, sondern muss gewisse Kriterien erfüllen und einen Nutzungsvertrag mit dem ZVEH unterschreiben. Diesen Vertrag erhält nur, wer beispielsweise die Meisterqualifikation und weitere Qualifikationen nachweist, sich selbst und seine Mitarbeiter permanent aus- und weiterbildet sowie Garantieleistungen zusichert.

Mit der neuen e-Marke soll ein neues Qualitätsverständnis in der Öffentlichkeit aufgebaut werden. Sie soll für die Dinge stehen, die ein Kunde heute selbstverständlich von einem Meisterbetrieb erwarten kann: professionelle Qualität, Beratungskompetenz, Pünktlichkeit, Sauberkeit, Glaubwürdigkeit usw. Die Nutzungserlaubnis hängt also ab von definierten Qualitätskriterien, die ein Betrieb erfüllen muss: Hinter der neuen Marke steht ein Markenversprechen.

15 Prozent der mehr als 300 Mitgliedsbetriebe der Elektro-Innung Bergisches Land sind bislang berechtigt, das neue Signet zu führen. Diese Zahl möchte Lothar Neuhalfen innerhalb des nächsten Jahres auf mindestens ein Viertel steigern: „Ich kann nur an jeden Kollegen appellieren, sich den so genannten E-Markenvertrag auf der Homepage des Zentralverbandes des Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke herunterzuladen und auszufüllen.“ Die Adresse: http://www.zveh.de/.

Dem Obermeister liegt das Thema auch deshalb am Herzen, weil er das Image seines Handwerks verbessern will. „Warum geben auf der Baustelle der Trockenbauer und der Eisenleger uns die Termine vor und nicht wir ihnen?“, fragt er. Die Elektrotechnik habe eine zu geringe Lobby. Das müsse anders werden, sagt Neuhalfen. Er fordert seine Kollegen auf, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Die sehr kurzen Innovationszyklen in der Elektrotechnik stellen die Innungsbetriebe vor besondere Herausforderungen. Trotz ständiger Weiterbildung kann kaum jemand in allen Fachgebieten des heutigen Elektrohandwerks auf dem neuesten Stand sein. In den größeren Betrieben konzentrieren sich die Mitarbeiter deshalb auf bestimmte Themenfelder. Die kleineren Unternehmen haben die Möglichkeit, sich entweder insgesamt zu spezialisieren, oder sie können die Hilfe von Kollegen in Anspruch nehmen. Neuhalfen nennt ein Beispiel: „Wenn ein Betrieb einen Auftrag erhält, zu dem unter anderem die Antennentechnik für 30 Wohneinheiten gehört, was nun wirklich keine alltägliche Aufgabe ist, dann spricht doch nichts dagegen, einen Kollegen einzuschalten, der sich damit vielleicht besser auskennt.“ Hier gebe es noch zu viele Berührungsängste. Auch die von der Innung eingerichtete Kommunikationsplattform via Internetforum und –chat werde bislang von den Mitgliedern kaum genutzt. Dabei könnten die Betriebe auf diesem Weg sehr gut Auftragsspitzen abfangen oder den Materialeinkauf optimieren.

Bestens geeignet für Kooperationen dürfte auch die EIB-Technik (EIB: Europäischer Installationsbus) sein, die für intelligentes Wohnen und Arbeiten steht. Normalerweise gehen bei einer elektrischen Installation Energie und Information über dieselbe Leitung. Der Lichtschalter an der Wand ist über eine Energieleitung mit der Lampe an der Decke verbunden. Der Hausbewohner muss sich gut überlegen, von wo er seine Lampe anschalten will. Möchte er nachträglich dieselbe Lampe von mehreren Schaltern aus bedienen, bedeutet das einen erheblichen Installationsaufwand.

Anders bei der Bustechnik: Sie trennt Energie und Information. Hier wird die Lampe im Wohnzimmer von einem Empfänger angesteuert, der seine Schaltbefehle von Bus-Sensoren über eine Informationsleitung erhält. So kann die Energiesteuerung gewerkeübergreifend sehr leicht an veränderte Lebensumstände oder Komfortansprüche angepasst werden. Das ist dann nur noch eine Frage der Programmierung, denn als Bus-Sensoren können normale Schalter ebenso dienen wie Schaltuhren, Bewegungsmelder oder Systeme, die Befehle vom Handy oder PC umsetzen. Beispielsweise könnte man es im Schlafzimmer so einrichten, dass morgens nach dem Klingeln des Weckers zunächst leicht gedimmtes Licht aufleuchtet und erst einige Minuten später die Rolläden hochfahren, damit man entspannt in den Tag startet.

Klingt faszinierend, gilt aber als teuer. Ein Argument, das Lothar Neuhalfen so nicht gelten lässt. Natürlich sei die Bustechnik teurer als eine „08/15-Installation“. Aber für Leute mit entsprechenden Komfortansprüchen mache sie durchaus Sinn, weil damit Wünsche erfüllt werden können, die mit einer Standard-Installation nicht oder nur mit erheblich höherem Aufwand zu verwirklichen sind. Er nennt ein Beispiel: „Wenn Sie zehn oder zwölf Rolläden in einem Gebäude haben und alle gleichzeitig schalten wollen, ist das mit konventioneller Technik ein Horror.“ Wer diese Möglichkeit haben wolle und dazu vielleicht noch eine zentrale Beleuchtungssteuerung, fahre mit der EIB-Technik bereits günstiger als mit einer herkömmlichen Installation. Das jedoch sei vielen Kunden nicht klar, weil ihnen Informationen fehlen. Auch deshalb sei die Technik im privaten Wohnungsbau längst nicht so weit verbreitet wie Mitte der 1990er Jahre prognostiziert. Anders im gewerblichen Bau: Hier ist sie inzwischen fast schon Standard.

Kaum ein Gewerk dürfte eine solch große Bandbreite an Betriebsgrößen haben wie das Elektrohandwerk. In der Elektro-Innung Bergisches Land reicht das Spektrum vom Einzelkämpfer bis zum 280-Mann-Unternehmen. Im Schnitt hat jeder Betrieb acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit der Fusion Ende 2007 ist die Elektro-Innung Bergisches Land mit 312 Betrieben die mitgliederstärkste Innung in Nordrhein-Westfalen. Was den Obermeister besonders freut: „Die Zusammenarbeit ist gut, die Chemie stimmt – das passt.“ Noch ein Grund mehr für Neuhalfen, die Zukunft optimistisch zu sehen.   

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