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Sanitär, Heizung, Klima

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Das Motto der Branche: Installieren statt Debattieren

In knapp drei Jahren kann die Innung für Sanitär- und Heizungstechnik ihr 100-jähriges Bestehen feiern. Im Moment jedoch schaut Obermeister Thomas Braun nicht auf die lange Tradition, sondern nach vorn: „Wir sind eine Zukunftsbranche“, sagt der 50-jährige.

Zwei große Trends dürften dem SHK-Handwerk in den kommenden Jahren viel Arbeit bescheren. Neben dem effizienten Umgang mit Energie und der energetischen Gebäudesanierung nennt Braun die Bedürfnisse der älter werdenden Bevölkerung. Die Menschen wollen so lange wie möglich in ihren Wohnungen leben. Dazu gehört ein seniorengerecht gestaltetes Badezimmer, das ausreichend Platz bietet und in dem es keine Stolperfallen etwa durch einen erhöhten Duscheinstieg gibt. Inzwischen beteiligen sich die Krankenkassen häufig an den Kosten, wenn ein älterer Mensch sein herkömmliches Bad in ein barrierefreies umwandelt. Viele SHK-Unternehmen in der Region haben erkannt, welches Potenzial dieser Markt bietet. Etwa 20 Innungsfachbetriebe haben sich bereits bei der GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik in Iserlohn oder als Koordinator für barrierefreies Bauen und Wohnen (TÜV) zertifizieren lassen.

„Wir müssen uns der Konkurrenz mit Kompetenz stellen“, sagt Thomas Braun. Große Neubauprojekte, womöglich mit europaweiten Ausschreibungen, seien für die meisten heimischen SHK-Betriebe uninteressant, weil sie auf Grund des Lohnniveaus preislich nicht mit Anbietern aus anderen Regionen mithalten könnten.

Viel interessanter ist das Sanierungsgeschäft. Bis zu vier Millionen Heizungsanlagen in Deutschland sind technisch veraltet und müssten dringend durch moderne, energiesparende Wärmetechnik ersetzt werden. Jahr für Jahr kommen 300.000 Heizungen hinzu, die die maximale Altersgrenze von 25 Jahren überschreiten.

Die Zahlen belegen, welch großer Markt sich hier auf viele Jahre hinaus für das SHK-Handwerk bietet. Die Heizungsanlage ist der größte Energieverbraucher im privaten Haushalt. An dieser Stelle lässt sich eine Menge Energie und damit Geld sparen. Eine Studie mit Ein- und Mehrfamilienhäusern unterschiedlichen Alters ergab ein durchschnittliches Sparpotenzial von jährlich zehn Kilowattstunden pro Quadratmeter beheizter Fläche. Ganz wichtig dabei: Die Wärmeversorgung muss als Gesamtsystem betrachtet werden. Dazu gehören der Wärmebedarf, der Wärmeerzeuger und die -verteilung, die Heizflächen, die Regelung und nicht zuletzt das Verhalten der Nutzer. Nur wenn alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind, arbeitet die Heizung richtig. Bevor weitere Schritte eingeleitet werden, muss das System optimiert werden. Das sieht auch der Gesetzgeber so: Alle Förderungen aus öffentlichen Mitteln, etwa über die KfW-Förderbank, machen die Optimierung des Systems zur Bedingung.

So vielversprechend das alles klingt – es gibt ein Problem: Die überwiegende Mehrheit der Deutschen glaubt, modernste Technik im Keller zu haben. Eine emnid-Umfrage im Auftrag des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) ergab jetzt, dass 70 Prozent der Bundesbürger der Überzeugung sind, ihre Heizung arbeite effizient und sei umwelttechnisch auf dem neuesten Stand. Hier muss die Branche noch Aufklärungsarbeit leisten. Hinzu kommt: Die Heizung steht im Keller oder unter dem Dach, jedenfalls an einer Stelle, wo man sie nicht sieht. Sie fällt nur dann auf, wenn sie nicht funktioniert.

Dennoch: Für Thomas Braun ist klar, dass sich mit weiter steigenden Energiekosten auch die Sensibilität der Bürgerinnen und Bürger für eine Investition in moderne Heiztechnik erhöhen wird. „Als der Ölpreis bei 150 Dollar fürs Barrel stand, konnten wir gar nicht so viele Angebote über regenerative Energieversorgung schreiben, wie verlangt wurden.“ Allerdings sei davon recht wenig ausgeführt worden, weil kurze Zeit später die Öl- und Gaspreise wieder zurückgingen – der unmittelbare Leidensdruck war weg. Inzwischen dreht sich die Preisschraube jedoch erneut nach oben. Derzeit liegt der Liter Öl wieder bei 70 Cent und der Kubikmeter Gas bei 80 Cent. Die vergleichbare Menge an Holzpellets kostet gerade einmal 45 Cent. Nun belebt sich der Markt wieder, der insbesondere bei den regenerativen Techniken wie beispielsweise Pellet-Heizungen zwischenzeitlich nur sehr geringe Absatzzahlen verzeichnen konnte.

Aber müsste nicht der Austausch älterer Heizkessel gegen moderne Gas- oder Ölbrennwertgeräte boomen? Thomas Braun winkt ab: „Insgesamt sind die Verbraucher in der Region eher verhalten“, sagt er. Zwar sei die energetische Gebäudesanierung auch in den Medien ein großes Thema. Viele Hausbesitzer konzentrierten sich jedoch auf die Wärmedämmung, neue Fenster oder ein neues Dach – und nicht auf den Austausch der Heizung.

Auffallend ist, so Braun: Junge Menschen und Senioren haben nach seiner Beobachtung ein offenes Ohr – und eine offene Geldbörse – für das Thema „Energiesparen“. Die mittlere Generation hingegen sei deutlich zurückhaltender, obwohl sie eigentlich über das notwendige Geld verfüge. Braun: „Wir haben mit unserem eigenen Betrieb mehr Solaranlagen bei Rentnern und jungen Familien montiert als bei den Leuten, die im mittleren Alter sind und gute berufliche Positionen erreicht haben.“ Die Motive seien sehr unterschiedlich. Mancher Senior wolle in sein Haus investieren, weil er es einmal den Kindern und oder Enkeln vererben will, andere wollten etwas für die Umwelt tun.

Immerhin setzen inzwischen rund 4,3 Millionen deutsche Privathaushalte erneuerbare Energien zur Wärmeversorgung ein. Sie sparten damit im Jahr 2009 bei den verbrauchsgebundenen Heizkosten durchschnittlich 595 Euro pro Haushalt. Diesen Haushalten wären Mehrkosten von insgesamt 2,56 Milliarden Euro entstanden, wenn sie ihren Wärmebedarf nur mit fossilen Brennstoffen gedeckt hätten. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Bereits zum zweiten Mal verglich das Institut im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien die verbrauchsgebundenen Wärmekosten von konventionellen und regenerativen Heizsystemen im jeweils zurückliegenden Jahr. Nach ZSW-Berechnungen lagen 2009 die durchschnittlichen Heizkosten in jedem der 36,2 Millionen deutschen Haushalte bei 1.070 Euro. Aus den Zahlen lässt sich ableiten, dass durch die Nutzung von Holzheizungen, Wärmepumpen und solarthermischen Anlagen die verbrauchsgebundenen Heizkosten eines Durchschnittshaushalts annähernd halbiert werden können. Die Investitionskosten in eine neue Heizanlage sind bei diesem Wert allerdings nicht berücksichtigt.

Zu den Trends, die im Kommen sind, gehören Luft-Wärmepumpen, mit denen die bisherige Heizungsanlage ergänzt wird, oder kleine Blockheizkraftwerke (BHKWs). Derzeit sind die Investitionskosten noch recht hoch, weil die Technik erst in den Startlöchern steckt. Thomas Braun: „Wenn die Stückzahlen klettern und die Preise sinken, wird das sehr interessant. 2011 kommen spannende neue Geräte auf den Markt, und da ist unsere Branche gefordert, diese Technologie anzunehmen, umzusetzen und den Kunden entsprechend zu beraten.“ Gerade die Beratung sei immens wichtig. Denn so viel steht fest, ergänzt der Obermeister: Es gibt nicht den Standard-Kunden und nicht die Standard-Lösung. Zu individuell sind Energiebedarf, Stand der bisher verwendeten Technik und Investitionsbereitschaft der Kunden.

Im gewerblichen Bereich bietet sich häufig eine BHKW-Lösung an, vor allem in solchen Bereichen, die das ganze Jahr über Wärme benötigen. Braun nennt beispielhaft Hotels, Krankenhäuser, Altenheime, aber auch Friseure, Bäckereien und Fleischereien: „Diese Technik lässt sich auch bei einer Investition von 30.000 oder 40.000 Euro darstellen. Wenn die Anlage 6.000 Stunden im Jahr läuft – von 8.000 möglichen -, dann produziert sie auch 6.000 Stunden Strom, den man nutzen kann.“ Am Ort produzierter Strom mit einem Wirkungsgrad von nahezu 90 Prozent sei immer noch viel besser als solcher vom modernsten Gas-Kraftwerk, der mit einem Wirkungsgrad von 50 oder 60 Prozent aus der Steckdose komme.

Allerdings gelte auch hier: Die technische Lösung muss zum Kunden und zum Gebäude passen. Individuelle Beratung sei deshalb wichtiger denn je, bekräftigt der Obermeister. In diesem Sinne versteht sich das regionale SHK-Handwerk als „Partner vor Ort“, der partnerschaftlich mit der Industrie und den Energieversorgungsunternehmen zusammenarbeitet und die Anlagen baut, betreut und wartet.

Als großer Zusammenschluss mit einer Mitgliederzahl von mehr als 300 Fachbetrieben sei die Innung für Sanitär- und Heizungstechnik eine starke Interessenvertretung. Da es eine Reihe von Energieversorgern im Einzugsbereich der Kreishandwerkerschaft gibt, wurde vor Jahren ein regionaler Installateurausschuss (RIA) gebildet, um die örtliche Zusammenarbeit zu fördern. Auf dieser Ebene werden auch Schulungen für die Mitgliedsbetriebe angeboten. Nach zwei Veranstaltungen zur Zukunft des SHK-Handwerks stehen im nächsten Jahr Seminare zu den Themen „Wasserhygiene“ und „Fachunternehmererklärung“ auf dem Programm. Ausdrücklich dankt Obermeister Braun seinem 14-köpfigen Innungsvorstand für die sehr gute Zusammenarbeit.

Welche langfristigen Perspektiven hat das SHK-Handwerk? Thomas Braun: „Die nächste Energieeinsparverordnung dürfte fast der Tod der normalen Heizungsanlage sein, wie wir sie heute kennen. Bei den Energiebedarfen, die wir demnächst in den dichten Häusern haben, kann man den Aufwand einer konventionellen Heizungsanlage nicht mehr vertreten.“ Stattdessen werden künftig Lüftungsanlagen eingebaut, um die entstehenden Schimmel- und Feuchtigkeitsprobleme zu lösen. Über diese Anlagen kann dann auch die Heizung laufen. Schon heute seien neue Häuser so dicht, dass ein Luftwechsel nicht mehr gewährleistet sei. Und da viele Bewohner nicht richtig lüften, entstehen hygienische Probleme, die man nur durch ein automatisches Lüften in den Griff bekommen kann. Der Haken: Eine Lüftungsanlage funktioniert nur richtig, wenn die Fenster geschlossen bleiben. Hier müssten die Bewohner umdenken.

Ganz wesentlich geändert hat sich in den letzten Jahren auch das Berufsbild im SHK-Handwerk. Während Thomas Braun – wie viele seiner Kollegen auch – noch zwei Meisterprüfungen als Gas-/Wasserinstallateur sowie als Zentralheizungs- und Lüftungsbauer absolviert hat, gibt es heute nur noch einen Beruf: den Anlagenmechaniker. Und der entwickelt sich weiter. „Den Rohrleger von früher haben wir nicht mehr, weil diese Aufgaben vom örtlichen Handwerk nicht mehr erledigt werden. Dafür lernen unsere Auszubildenden heute schon 200 Stunden Elektrotechnik in der überbetrieblichen Ausbildung“, erläutert der Obermeister. Zudem hat die Konzentration auf das Sanierungsgeschäft auch dazu geführt, dass der Anlagenmechaniker heute ständig Kontakt zum Kunden hat und sich in dessen Privatsphäre bewegt. Hier seien entsprechende Umgangsformen gefragt. Braun: „Wir haben technisch und menschlich erheblich höhere Anforderungen als früher.“

Dass Energie ein Zukunftsthema ist, zeigt sich auch an einem neuen Großprojekt, an dem die Kreishandwerkerschaft mit sechs weiteren Institutionen beteiligt ist: Derzeit wird in Engelskirchen das Bergische Energiekompetenzzentrum errichtet. Auf dem Gelände einer ehemaligen Mülldeponie entsteht eine 400 Quadratmeter große Ausstellungshalle. Hersteller und Energieversorger bestücken die Fläche mit ihren Produkten, regenerative Energien wie Holzpellet- oder Solaranlagen werden eine große Rolle spielen. Fensterhersteller, Spezialisten für Wärmedämmung und weitere Fachunternehmen ergänzen das Angebot. Verbraucher können sich hier demnächst umfassend informieren; Studenten der Fachhochschule in Köln werden Führungen anbieten. Im Juni soll das Energiekompetenzzentrum eröffnet werden.

Auch daran zeigt sich: Für das SHK-Handwerk gibt es eine Menge zu tun. Das entspricht dem Motto, mit dem die Branche die große Imagekampagne des Handwerks augenzwinkernd unterstützt: „Gegen den Klimawandel kann man demonstrieren, debattieren. Oder installieren.“

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