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Branchenreport - Friseurinnung  


Die Spezialisten für Haut und Haar im wachsenden Markt für Schönheit


Volker Steffens lacht: „Wie viele Stunden haben Sie Zeit, damit ich Ihnen etwas vorschwärmen kann?“, fragt der Obermeister der Friseur-Innung Bergisches Land zurück. Tatsächlich: Unter den Handwerksberufen nimmt der Friseur eine Sonderstellung ein. Friseure arbeiten direkt am Menschen. Sie dürfen ihre Kunden nach sehr kurzer Zeit berühren – das kennt man sonst nur von medizinischen Berufen. Zudem pflegen sie oft eine intensive Kommunikation mit ihren Kunden. „Da baut sich so viel Zwischenmenschliches auf, das es in dieser Form wohl in keinem anderen Handwerksberuf gibt“, sagt Volker Steffens.

„Alles – nur nicht alltäglich“, so beschreibt der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks den Beruf. Friseure sind Typ- und Trendberater, Kreative und Handwerker. Sie können Menschen verschönern. Und das nicht nur auf dem Kopf: Vom ersten Tag in der Berufsschule an lernen die angehenden Friseure auch, wie die Haut des Menschen beschaffen ist und wie sie kosmetisch behandelt werden kann. Neue Schnitte, professionelles Colorieren, modische Haarumformungen, typgerechtes Styling, Haarpflege, trendige Make-ups, kreatives Nageldesign - all das gehört ins Repertoire des Friseurhandwerks.

Der Beruf wird unterschätzt, findet Volker Steffens. Er empfiehlt Auszubildenden gerne, ihr Fachbuch im Bekannten- und Verwandtenkreis zu zeigen. „Viele dürften sich wundern, was alles zu unserem Beruf gehört.“ Die Anforderungen sind in den vergangenen Jahren ständig gestiegen – auch deshalb, weil die Kunden immer anspruchsvoller geworden sind.

Auf das umfangreiche Wissen der Friseure greifen nicht nur die handwerklichen Salons gerne zurück, sondern auch die großen Hersteller von Haarpflegeprodukten, die täglich einige hundert Testkunden haben. Ausgebildete Friseure findet man auch in Drogerien oder Nagelstudios oder als Hair-Stylisten bei Film und Fernsehen. „Unser Beruf eröffnet gerade jungen Menschen sehr viele Möglichkeiten“, betont der Obermeister. Zahlreiche Friseure gehen sogar buchstäblich mit der Mode und wechseln ins Ausland.

In der Branche ist eine Dreiteilung festzustellen. Steffens: „Das ist bei uns inzwischen wie in der Gastronomie – ich kann’s billig haben, mittelpreisig oder sehr hochwertig.“ Dieser Trend stellt die Betriebe vor die Frage, wohin sie sich mit ihrem Team orientieren und wie sie am Markt bestehen können. Manche Salons kümmern sich ausschließlich um die Haare des Kunden, andere bieten auch Kosmetik oder sogar Massagen an. Längst geht es nicht mehr um die Frage, wer der beste Haareschneider ist. Das gesamte Paket – von der Gestaltung des Schaufensters über die Saloneinrichtung und das Team bis hin zum Leistungsangebot – muss aus einem Guss sein, damit es den Kunden anspricht. Friseurunternehmer sind heute angesichts der Marktentwicklung gezwungen, sich zu spezialisieren. Das geht über den Preis, aber auch durch eine besondere Kompetenz beispielsweise bei den Themen Colorationen, Haarverlängerung oder Zweithaar. Wichtig ist, dass die Betriebe rechtzeitig erkennen, in welche Richtung sie sich verändern müssen. Auch im Friseurhandwerk ist der Markt schnelllebiger geworden.

Vor diesem Hintergrund benötigt der Friseur neben der handwerklichen Kompetenz auch umfassendes kaufmännisches Know-how und ein effizientes Salonmanagement. Gut geplante Arbeitsabläufe, professionelle Produktpräsentation, ein durchdachtes Marketing und ein standortgerechtes Salonkonzept sind unerlässlich, um den geschäftlichen Erfolg zu sichern. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der neuen Ausbildungsordnung wider, nach der die Auszubildenden im Frühjahr 2010 erstmals geprüft werden.

Der Kunde hat inzwischen die Wahl: Er kann sich im klassischen Salon für die ganze Familie die Haare frisieren lassen. Er kann in die nächste Filiale einer großen Kette gehen. Er kann sich aber auch einen ganzen Wellness-Tag lang von Kopf bis Fuß verwöhnen lassen, wenn er einen Friseur besucht, der dieses komplette Leistungsspektrum anbietet.

Der Markt für Schönheit wächst. „Jede zweite Fernsehwerbung hat inzwischen mit Körperpflege zu tun, und zu diesem Berufsfeld gehören wir ja“, sagt Volker Steffens, der daran erinnert, dass ein Friseur weiß, wie sich ein Deo oder eine Körperpflege-Lotion zusammensetzen. Im Bereich der Kosmetik liege eine große Chance für seine Branche. 30 bis 40 Prozent aller Betriebe, schätzt der Obermeister, verstehen sich heute bereits als Spezialisten für Schönheit und bieten entsprechende Leistungen an. Die Frage sei allerdings, wie das Friseurhandwerk dies vermitteln könne. Steffens: „Wir sind Fachleute für Haar und Haut, und es ist eine der wichtigsten Aufgabe für unser Gewerk vom Zentralverband über die Innung bis zum einzelnen Betrieb, diese Positionierung unseren Kunden klar zu machen.“

Vielleicht liegt es auch an der Vielseitigkeit des Friseurhandwerks, dass sich die Kunden bisher ihre Lust am Salonbesuch selbst durch die Wirtschaftskrise nicht nehmen ließen. Das hat der Zentralverband zumindest für das Jahr 2008 festgestellt. Die Umsätze der Friseurunternehmen blieben stabil. Es gibt mehr Betriebe, die allerdings weniger Mitarbeiter haben als früher. Im Jahr 2008 stieg die Zahl der selbständigen Friseurunternehmen um 3,3 Prozent, die der Filialbetriebe um 8,7 Prozent. Gleichzeitig sank die Zahl der Beschäftigten um 3,7 Prozent. Insgesamt arbeiteten bundesweit rund 250.000 Friseurinnen und Friseure in den rund 73.500 Salons.

Interessant: Männer gehen häufiger zum Friseur als Frauen. Rund 6,5-mal lässt sich der Durchschnittsmann im Jahr die Haare schneiden. Frauen hingegen nehmen nur 5,33-mal vor dem Spiegel Platz. Dafür legen sie dann deutlich mehr Geld aus: 42,75 Euro lassen sie sich jeden Friseurbesuch kosten. Männer sind da mit durchschnittlich 15,32 Euro deutlich bescheidener und im Übrigen auch modisch zurückhaltender. Neben Haarschnitten waren Colorationen und Kuranwendungen die am meisten nachgefragten Dienstleistungen.

In den Medien werden die Friseure bisweilen an den Pranger gestellt, wenn es um das Thema „Lohndumping“ geht. Deshalb ist es Obermeiser Steffens wichtig, das Bild gerade zu rücken: „In Nordrhein-Westfalen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Friseurhandwerk nach allgemeinverbindlichen Tariflöhnen bezahlt“, stellt er klar. Er betrachtet es als eine Aufgabe für die Innung und den gesamten Berufsstand, dies nach außen zu tragen. Deshalb begrüßt er es, wenn schwarze Schafe erwischt werden. Gleichzeitig appelliert er jedoch an die Verbraucher, sich der Wertigkeit einer Dienstleistung wie im Friseurhandwerk wieder mehr bewusst zu werden. „Wir müssen einen angemessenen Preis für unsere Leistung bekommen, um unseren Mitarbeitern einen angemessenen Lohn zahlen zu können“, sagt er. Das sei im lohnintensiven Friseurhandwerk auch die Voraussetzung dafür, dass die Salons ihre Mitarbeiter gut ausbilden und auch später ständig qualifizieren könnten. Mit einer zunehmenden „Discounterisierung“ der Gesellschaft sei das irgendwann nicht mehr zu schaffen, so Steffens.

Mit fast 280 Mitgliedern ist die Innung Bergisches Land die drittgrößte Friseur-Innung in Nordrhein-Westfalen. Obermeister Steffens lobt das gute Zusammenwirken im Vorstand und die hervorragende Arbeit des Fachbeirates bei der Organisation der Frisurenmode-Veranstaltung, die jedes Jahr im Frühling und Herbst stattfindet. Bei dieser „Hair & Fashion-Show“ zeigen die Mitglieder des Fachbeirates den Kolleginnen und Kollegen die neuesten Kreationen für die Köpfe der Kunden. Für die aktuellen Looks interessieren sich auch die Medien: Im vergangenen Jahr berichtete der WDR in der „Aktuellen Stunde“ über die Veranstaltung. In diesem Frühjahr übertrug die Innung ihr Event live im Internet.

Darüber hinaus bietet die Friseur-Innung regelmäßig Trainingsabende für Auszubildende an, die sich in bestimmten Bereichen ihres Handwerks weiterbilden möchten. Dabei werden beispielsweise spezielle Haarschneide-Techniken vermittelt. Viele Friseure nutzen diese Abende auch als Vorbereitung auf Fachwettbewerbe und Frisier-Meisterschaften, bei denen Formgefühl, Schnelligkeit, modische Kompetenz und handwerkliche Präzision gefragt sind. „Bei den Wettbewerben ist unsere Innung führend in Nordrhein-Westfalen und stellt regelmäßig das größe Starterfeld“, sagt Volker Steffens. Mit Erfolg: Milan Kranjcec, der amtierende Deutscher Meister im Damenfach, kommt aus Hückeswagen. Vorstandsmitglied Kerstin Lapp war 2008 Deutsche Meisterin im Herrenfach, Daniel Giermann aus Remscheid wurde sogar Weltmeister im Herrenfach. Sie und viele andere Innungsmitglieder stellen sich ehrenamtlich für Trainingsabende zur Verfügung und geben ihr Wissen und ihre Erfahrung an die Auszubildenden weiter. „Auf diese Weise wächst die Innung zusammen“, so der Obermeister.

Nach wie vor ist der Beruf beliebt bei Jugendlichen, vor allem bei jungen Frauen, die rund 90 Prozent der Lehrlinge stellen. Fast 400 Auszubildende erlernen derzeit in den Salons im Bergischen Land das Friseurhandwerk. Sie beurteilen die Perspektiven ihres Berufsstandes vermutlich ähnlich optimistisch wie Obermeister Volker Steffens. Gutes Aussehen und ein individueller Stil seien für immer mehr Menschen wichtig – auch für ihre private und berufliche Entwicklung. Hier biete gerade die Haarfarbkosmetik weiterhin ein enormes Potenzial für das Friseurhandwerk. Um die Zukunft macht sich Steffens jedenfalls keine allzu großen Sorgen: „Wo Menschen sind, gibt’s Haar und Haut, und da wird’s auch Friseure geben.“

 Friseure engagieren sich für die Ausbildung junger Menschen
277 Mitglieder, 385 Auszubildende, 2.216 Beschäftigte – das ist die Friseur-Innung Bergisches Land in Zahlen. Die Betriebe erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 180 Millionen Euro. Bundesweit absolvierten im Jahr 2008 rund 40.500 junge Menschen eine Ausbildung im Friseurhandwerk. Dieses Engagement der Betriebe ist bemerkenswert, wie die Ausbildungsquote belegt: Sie lag im Friseurhandwerk auch im Jahr 2008 bei rund 16 Prozent. Zum Vergleich: Das Handwerk insgesamt kam auf 9,8 Prozent und die Gesamtwirtschaft auf vier Prozent.

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